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Samstag, 8. März 2014

„Last Ten Minutes Phantom“ - 1. FC Köln

Nach dem mühsamen Unentschieden des FC in Aue war ich nicht ganz so glücklich mit der Tendenz der Aussagen von Peter Stöger und Jörg Schmadtke. Die „betonten jedenfalls nach dem Spiel den Einsatz und die Leidenschaft der zweiten 45 Minuten und nahmen letztlich insgesamt einen positiven Eindruck mit“. Irgend jemand muss Schmadtke das zu Ohren gebracht haben, oder er hat's im Internet entdeckt. Jedenfalls war am Montag nachzulesen, dass es mit der Zufriedenheit doch nicht so richtig passen würde: „Ich bin dagegen, alles schlecht zu machen, wir haben immer noch vier Punkte Vorsprung. Aber es muss hier auch jedem klar sein, dass es so nicht weitergeht. Und da hilft der Blick auf den vermeintlichen großen Konkurrenten Kaiserslautern wenig. Unsere Konkurrenten heißen jetzt Fürth, Paderborn und Karlsruhe. Es wird Zeit, dass wir wieder in die Spur kommen.“

Genau so sieht es aus. Da haben sich neben den an dieser Position erwarteten Fürthern auf einmal ganz frech und ungefragt Paderborn und Karlsruhe festgesetzt. Obwohl das gar nicht so „auf einmal“ ist. Das hat sich beständig entwickelt, man hat es anderorts nur nicht so richtig wahr genommen. Fahrlässig unterschätzt wäre wohl übertrieben, aber die Tendenz war schon so.
 
Man of the Match - MVP und was es sonst noch alles gibt:
JONAS HECTOR
 

In die Spur kommen

In die Spur gekommen ist der Verein auf jeden Fall beim Rosenmontagszug. Dass Daniel Halfar das Alaaf fast komplett im Namen trägt, ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, als ich ihn auf dem Wagen gesehen habe. Deshalb hat er seine ersten beiden Tore für den FC also am Karnevalssamstag geschossen hat, der Schlingel. Aber jetzt ist Schluss mit Karneval, finito, vorbei unn am Äng, bess demnähx … Jawohl Peter, wir haben deine Worte vernommen, am Freitag geht’s gegen Cottbus hoffentlich so richtig zur Sache: „Wir haben einiges gutzumachen, und das wollen wir auch am Freitagabend unter Beweis stellen. Und wenn dann nach dem Spiel die Karnevalsstimmung bei uns im Stadion wieder aufkommt, dann hab ich nichts dagegen. Aber erst nach dem Spiel!“

Die letzten Auftritte der Geißböcke waren irgendwie merkwürdig, nicht durchgehend schlecht, nicht durchgehend gut, spielerische Situationen wurden mal auf Top-Level-Niveau gelöst und nur Minuten später wie in der Kreisliga verdaddelt. Dementsprechend fällt die subjektive Wahrnehmung durch die Fans aus, je nachdem welche Momente sie mitbekommen haben. Jemand meinte, dass das Team „zu selbstzufrieden“ auftritt. Habe ich nicht so gesehen. Für mich sieht das so aus, als ob man Angst vor sich selbst habe. Da muss irgend jemand die jungen Burschen jetzt stark reden! Die müssen ja nicht gleich so arrogant-überheblich auftreten wie die ter Stegens und Co aber etwas mehr Frechheit täte denen schon gut. Ein Beispiel: Wieso reklamierte kein einziger beim Drei-Meter-Abseits-Tor der Fürther nach einem zu Unrecht verhängten Freistoß? Schiedsrichter haben ihre erste Entscheidung schon mehr als einmal revidiert, hier hätte es auch so sein können. Aber wenn keiner was sagt … In dem Zusammenhang erinnere ich mich an eine Szene vor langer Zeit, in der unser damaliger Keeper Mondragon einen gegnerischen Spieler vom Platz komplimentiert hat, als der bei einer Auswechslung elend lang Zeit schinden wollte. Diese Aktion hat damals die ganze Mannschaft wachgerüttelt und dann lief es. So ähnlich sollte jetzt gegen Cottbus auch mal von außen etwas Feuer auf den Platz getragen werden. Neeeeiiiinnn, ich meine keine Pyro-Aktion, sondern verbal von der Trainerbank!

Den Tabellenletzten besiegen

Letzte Woche habe ich mir gewünscht: „Da sollte der Trainer eines Tabellenführers Klartext reden und unmissverständlich einen Sieg einfordern.“ Was Stöger dann auf der Pressekonferenz vor dem Spiel sagte, kam der Sache ja erstaunlich nahe: „Wenn man aufsteigen möchte, sollte man gegen den Letzten gewinnen zu Hause.“ Alles andere wäre aber auch Blödsinn gewesen. Also, auf geht's FC!

Die Hymne erklingt und Wow, was für eine mutige Anfangsformation. Und nun tun wir die Lausitzer fast ein wenig Leid. Ach so, ja, zwischen den beiden letzten Sätzen liegen 90+2 Minuten Fußball, inzwischen ist das Spiel abgepfiffen, der FC hat 2:1 gewonnen und ich versuche, meine Pulsfrequenz ganz langsam wieder auf normale Geschwindigkeit gedrosselt zu bekommen. Der Stöger hat der Mannschaft offenbar das Last-Ten-Minutes-Phantom antrainiert. Fußballtechnisch nicht leicht erklärbar, aber so verteidigt man die Spitzenposition: Superchancen auslassen - in Rückstand geraten - so tun, als ob nix passiert wäre – die Fans fast bekloppt werden lassen – gaaanz viel Glück haben – in den letzten zehn Minuten zwei Tore schießen. Ob das noch lange gut geht? Ich muss es noch mal wiederholen: Wenn ich sehe, wie der Ball immer und immer wieder hin und her und quer und zurück gespielt wird, dann kann ich wahnsinnig werden. Lieber FC, ich brauche endlich mal wieder ein Wohlfühlspiel, in dem ihr nicht in Rückstand geratet, in dem der Sieg deutlich und nie in Gefahr ist. Am besten direkt am kommenden Montag. Oh, in Kaiserslautern, da sehen die Geißböcke ja traditionell besonders gut aus, oder wie war das noch … Da werden wohl alle so einen Sahnetag erwischen müssen, wie ein laut Stöger „unglaublich talentierter Linksverteidiger“ namens Jonas Hector gegen Cottbus. Ob Bard Finne dazu gehören wird? Eher fraglich, ich hatte deutlich mehr von ihm erwartet, war wohl noch etwas zu früh.

Was macht der Rest?

Nun lehnen wir uns entspannt zurück und schauen mal, was der Rest der Liga so treibt. Robbt sich am Samstag Union Berlin wieder ran an Platz drei? Wer wird am Sonntag Verfolgerqualitäten beweisen beim direkten Duell zwischen Karlsruhe und Paderborn? Spielt einfach unentschieden, wäre mein (nicht) ganz uneigennütziger Vorschlag. Die Fürther können dann am Montag in Bochum zeigen, ob sie dran bleiben wollen am FC. Jetzt beim Schreiben am Tag nach dem Sieg und im Anblick der Tabelle wird mir nochmal so richtig bewusst, wie fies die Auswirkungen einer Niederlage gegen Cottbus wirklich geworden wären in einer Liga, in der wirklich jeder jeden schlagen kann. „Es wird in den nächsten Wochen nicht leichter werden“, hat Stöger in der Pressekonferenz nach dem Spiel betont. Recht hat er.

Glückwunsch zum 60.

Dä Tünn ist 60 geworden am Donnerstag, der alte Dürener Jung, dem seine Mama damals an der Wiege (nicht belegte Vermutung) schon gesagt hat: „Du musst zum FC.“ Im Sommer 1972 war es jedenfalls soweit, Toni Schumacher, genannt Tünn, verabschiedete sich von SW Düren und begann seine Karriere bei den Geißböcken. Keine Angst, hier kommt jetzt keine zeilenschindende Endlos-Laudatio – das kann man alles in allen möglichen Blättern nachlesen, wenn man denn seine Zeit damit vertun möchte – hier kommt kurz und kölsch: Maach ett joht Tünn unn alles Johde für die nächste 60 Johr.
 
copyright Text und Fotos:
Max Günter Jagodzinska
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