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Dienstag, 25. November 2014

FC ENTWICKLUNG - ZU HAUSE WEITER AUF STOTTERKURS


Die innerliche Jubelarie über den unfassbaren Sieg des FC in Hoffenheim begann sich langsam abzuschwächen, die Gedankenspiele zum Heimspiel gegen Hertha BSC konnten ebenso langsam Fahrt aufnehmen. Dazwischen so ein Länderspiel-Wochenende. Fußballtechnisch zuerst dieses „Muss-es-ja-auch-geben-Spiel“ geben Gibraltar und dann das nervenzerfetzende Duell des Weltmeisters gegen seinen Vorgänger. Irgendwie mag mein Fanherz solche Wochenenden nicht. „Wann spielt der FC?“, fragte meine Frau an eben diesem Samstag. Kurze Antwort: Ist Länderspielpause, nächste Woche erst wieder.“ Auf Sky Sport-News lief gerade ein Interview mit Joachim Löw nach dem Gibraltar-Spiel, das Thema Podolski kam zur Sprache. Bei mir zu Hause auch, nur hörte sich das etwas anders an als im TV. Meine Frau: „Wieso lässt der eigentlich nicht den Podolski spielen?“ Ich: „Keine Spielpraxis beim Wenger, in England bei Arsenal.“ Frau: „Wieso haben die den denn überhaupt gekauft?“ Ich: „Um Tore zu schießen.“ Frau: „Ist ja doof, dann müssen die denn auch spielen lassen, und wieso war der auch bei der Weltmeisterschaft immer nur Reserve?“ Ich: „Der Löw meinte, andere wären besser.“ Frau (schmunzelnd): Aha. Das ist die Strafe, wenn man vom FC weg geht!“ Da war ich platt, so einfach ist das also.

GB-Echo im Manga-Style

Das sieht ja lustig aus, das Wochenend-Sonderangebots-Werbeblättchen von Rewe, dachte ich, als ich am Freitag meine Post aus dem Briefkasten geholt habe. Beim Durchblättern auf dem Weg zum Papiermüllkarton habe ich dann festgestellt, dass es gar kein Werbeblatt war, es war das aktuelle Geißbock-Echo. Nette Idee mit dem Nagasawa-Osako-Mangabildchen, aber demnächst auf dem Titel bitte wieder mehr FC und weniger Rewe.

 
Also gleich mal nachgeschaut, ob eines meiner Allzeit-Top-FC-Lieblingsspiele gebührend erwähnt wäre. Jawohl, auf Seite 34, das Pokalfinale am 30. Mai 1977, das der FC mit 1:0 gewonnen hat. Nein, es ist nicht so, dass eine berauschende Fußballgala für den Sprung in die Best-Game-Topliste gesorgt hätte, es waren die Begleitumstände. Im Grunde waren es ja zwei Spiele an diesem denkwürdigen Pfingstwochenende. In Kurzform: Nach Hannover gedüst, das erste Spiel miterlebt, nach Spielende nach Köln zurückgedüst, Zelt und Verpflegung eingepackt, in der selben Nacht zurück nach Hannover, am Maschsee einen Zeltplatz gefunden, gefeiert, gepennt, wachgeworden, ein Zelt mit Hertha-Fans zwei Meter neben uns, den Sonntag mit denen zusammen ein wenig oder eher viel getrunken und gefeiert, am Montag Pokalsieger geworden. So etwas vergisst man nie.
 
 

Luhukays schöne Jahre in Köln

Nun sollte es also unter ganz anderen Voraussetzungen gegen das Team von Jos Luhukay gehen. Im Berliner Kurier habe ich seinen Ausspruch gelesen habe: „Ich hatte schöne und lehrreiche Jahre in Köln.“ Ich muss zugeben, mir kam spontan der Gedanke: Da wirst du am Samstag wohl noch eine weitere Lektion mitnehmen müssen, lieber Jos. Ich hatte mal vorausgesetzt, dass jeder einzelne FC-Spieler die Vorgabe von Peter Stöger sowieso auf den Rasen bringt: „Um zu punkten, müssen wie wieder an unsere Leistungsgrenze gehen was die Laufbereitschaft, Organisation und den Einsatzwillen betrifft.“ Ich meine, da darf man doch von ausgehen, oder etwa nicht?


Glück? Pech? Fehler!

Kommen wir zur Sache. Ganz unverhofft lockte Platz sechs in der Tabelle! Der FC auf Platz sechs, unglaublich. Man brauchte nur das Ding gegen die auswärts noch sieglose Hertha nach Hause zu bringen. Und nun? Nun reden wir vom Pech oder vom berüchtigten fehlenden Quäntchen Glück oder wer weiß von was sonst noch. Jetzt erst einmal zurück auf Start und mit einer realistischen Blickrichtung zur Sache kommen. Wenn Kevin Vogt nach dem Spiel entschuldigend sagt: „Wir wollten den Fans drei Punkte schenken", dann hat er etwas falsch verstanden. Hier geht's nicht um's Geschenke verteilen, weil die Fans super supportet haben. Hier geht's darum, dass die Mannschaft sich im Wettbewerb gegen 17 andere als mutige Heimmannschaft zeigen und Punkte zum Klassenerhalt einspielen muss. Auf den Tabellenplatz zu schauen, ist dabei genau so Blödsinn, wie am 5. oder 10. oder 17. Spieltag, es geht darum Abstand zu den Plätzen 16-18 aufzubauen.

Nach der Pleite gegen die Berliner habe ich in einer Facebook-Gruppe mitdiskutiert und kurz nach dem Abpfiff gesagt: „Es ist verhext. Ich kann den Jungs noch nicht mal einen Vorwurf machen, Fehler passieren halt, und dann gehen da gleich zwei solche Eier ins Netz und der wirklich richtig gute Schuss knallt an die Latte .... Ich bin einfach nur enttäuscht.“ Mit halbwegs verarbeiteter Enttäuschung und mit etwas Abstand betrachtet, erkenne ich, dass ich es mir zu leicht machen würde, es dabei zu belassen. Es kann jetzt nicht darum gehen, lediglich fehlendes Glück einzufordern, mit dem wir übrigens in Sinsheim fast schon überschüttet worden sind. Es kann und darf jetzt auch nicht darum gehen, dass auf einmal alles falsch ist, oder dass, was noch idiotischer wäre, die Trainerfrage zum hektischen Thema gemacht wird. Was aber auch nicht funktionieren kann, wäre eine Aufforderung zum Schönreden – manchmal habe ich echt den Eindruck, dass zwischen offiziellen Zeilen genau dies versteckt ist.


Wo bleibt die Entwicklung?

Bemerkenswert ist momentan, dass bei fast jeder Diskussion nach einem solchen Negativerlebnis sich die Stimmungslage unterschwellig mehr und mehr aufheizt. Da haben sachlich fundierte Argumente keinen Platz mehr, die Zeit der verbalen Giftpfeile ist angesagt und irgendwie reklamiert jeder für sich, der Robin Hood des 1. FC Köln zu sein. Okay, das ist der normale Ablauf seitdem nach Regeln gegen das Leder gekickt wird, als Fußballfan hat man das auszuhalten. Man sollte aber darauf achten, seine Meinung nicht nur auf Schlagzeilen aufzubauen, in deren Sog sich selten etwas Gutes entwickeln konnte.

Ich denke nach über eine Feststellung , die mir bei den Hunderten von Kommentaren im Kopf hängen geblieben ist: „Es geht nun mal darum, dass Stöger nicht der Held ist, für den er von einigen gehalten wird." Es wird wohl so sein, der Stöger hat sich in den Aufbauzweitligajahren mit dem dann tatsächlich realisierten Aufstieg bei vielen einen gewissen Heldenstatus erarbeitet, bzw. er ist ihm freiwillig und gerne angetragen worden. Bei mir hat Stöger dann gleich zum Saisonbeginn einen großen Bonus gehabt, dabei habe ich alle meine Kritik aus den Vorjahren (die man auf meinem Blog noch nachlesen kann) dann mal ausgeblendet ... wir sind ja schließlich wieder Erstligist. Ja, ich habe vorher das Angsthasenspiel kritisiert und auch dieses elende Hintenrumballgeschiebe immer wieder thematisiert. Aber wir sind ja in einem Entwicklungsprozess, wird ja immer wieder von den Protagonisten betont. Nach nun zwölf Spielen, in denen insgesamt mindestens neun Punkte fahrlässig liegen gelassen worden sind, erlaube ich mir, ganz langsam ein zartes Andeuten des Fortschritts in diesem Entwicklungsprozess einzufordern ... und zwar sollte das auf dem Spielfeld sichtbar werden. Ich werde mich jetzt nicht in die "Liga der entweder schwarz oder weiß Seher" einreihen, dafür gibt es viel zu viele Grautöne. Aber mein Vorschussbonus ist irgendwann aufgebraucht, noch ist es nicht so weit .... Ich werde weiterhin an die Entwicklung glauben, bis aus dem Glauben ein Hoffen wird, auf dass es hoffentlich nicht mit einem Knall zerplatzt.

Emotionen müssen raus

Dass man sich unter Fans die Meinung geigt, ist ganz sicher okay, so lange es nicht ausartet und vor allem, so lange es getragen wird von unserer gemeinsamen Begeisterung für unseren FC. Die ganze Breite der Emotionen spiegelt sich dann wieder in den wenigen Beispiel-Statements, die ich rein zufällig ausgewählt habe: „... Es kann ja nicht sein, dass wir alles nur jubelnd hinnehmen und am Ende dann mit Tränen in den Augen wieder in Liga 2 gehen“ oder „... wenn ich dann aus den Vip Räumen höre, wie sie direkt nach dem Spiel alle am Lachen sind, könnte ich mich übergeben ...“ und auf der anderen Seite „ … ich habe auch nicht alles gut gefunden. Aber mich stört diese dauernde negative Einstellung von einigen...“ und „nur was manche hier nach Niederlagen ablassen ist der Wahnsinn. Wir wollen unbedingt Platz fünfzehn und das sieht momentan sehr gut aus ...“

Ganz zum Schluss möchte ich jemanden zitieren, der sicher nicht unter dem Verdacht steht, FC-Sympathisant zu sein, das Spiel aber kurz und knackig ganz korrekt zusammenfasste. Jens Hegeler, Mittelfeldspieler bei Berlin: „Das war ein dreckiger Auswärtssieg.“ Ein Vorschlag an den FC: Am Samstag nachmachen!

Max Günter Jagodzinska
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